Eine Abenteuerreise durch das alte Land der Inka. Vom Dschungel durch die Anden in die Wüste, vorbei an Orten des UNESCO-Welterbes.
Text & Fotos Sarah Pfennig
Peru vereint vieles, atemberaubende Landschaften wie den Regenwald, die Wüste und die Anden; sowie alte Kultur und wunderschöne Städte. Es ist ein Land vieler Gegensätze. Trotz großer Armut in weiten Teilen des Landes, herrscht eine herzliche Atmosphäre und Zufriedenheit.
Wir begeben uns auf eine 5-wöchige Tour, um Peru als Reiseland zu erkunden und Land, Leute, Kultur und Lebensweise der Peruaner kennen zulernen.
Unsere Reise beginnen wir in Lima, der 9,6 Mio. Hauptstadt Perus. Hier, wo immer ein wenig Smog über der Stadt hängt und es keine Verkehrsregeln zu geben scheint, verbringen wir drei Tage. Wir schlendern durch die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörende Altstadt mit ihren beeindruckenden alten und historischen Gebäuden und Plätzen wie der Plaza de Armas, der Iglesia de San Francisco und dem Plaza San Martín. Wir lernen Cesar und Javier kennen, die uns durch Barranco, einen Stadtteil Limas führen, mit uns in einem seit 100 Jahren bestehenden Chinesischen Restaurant essen gehen und uns zu unserem ersten Pisco Sour, dem peruanischen Nationalgetränk, einladen. Noch lange sitzen wir am Strand und diskutieren über Peru, andere Länder und das Leben und Reisen. Bald verabschieden wir uns, da es am nächsten Morgen schon früh nach Iquitos geht, der größten Dschungelstadt der Welt, die nur mit dem Flugzeug oder Boot zu erreichen ist.
In Iquitos erwarten uns im Gegensatz zu Lima tropische Temperaturen. Wir übernachten bei David und seiner Frau, einem herzlichen peruanischen Pärchen. David verdient sein Geld mit Dschungeltouren für Touristen und möchte uns am nächsten Tag mit auf eine 3-tägige Tour nehmen. Nachdem wir unser Lager draußen im Garten aufgeschlagen haben, geht es los nach Iquitos, um die Stadt zu erkunden. Hier ist das Hauptfortbewegungsmittel das Mototaxi. Eine Art Motorrad mit überdachtem Kutschteil. Es knattert und stinkt und man hat das Gefühl die Fahrer machen ein Streitwagenfahren daraus. Dennoch ist es ein riesiger Spaß. In Iquitos regnet es einmal pro Tag, aber da dieser Regen so warm ist, stört das niemanden. Alles hier ist importiert und deshalb ein bisschen teurer als in anderen Teilen des Landes. Obwohl die Innenstadt schön ist, begegnet uns am Rande des Amazonasbeckens zum ersten Mal die Armut. Kinder spielen zwischen Plastikmüll unter auf Pfählen gebauten Holzhütten.
Am nächsten Tag genießen wir eine 3-stündige Fahrt auf dem Rio Nanay, einem Nebenarm des Amazonas‘ bis wir schließlich das Dschungeldorf „Gen Gen“ erreichen. Hier wohnen Davids Großeltern, die uns erst einmal zu einem Mittagessen einladen. Hier direkt im Dschungel ist es noch heißer und man hat beinah das Gefühl, sich in einem Tropenhaus zu befinden. Zu essen gibt es Reis mit Hühnchenfleisch und gebackenen Bananen, ein für Peru typisches Gericht. Plötzlich rennen ein paar aufgeschreckte Hühner vor dem Haus entlang. Ich gucke auf mein Essen und denke „das nenne ich Biohühner“. Nachdem wir gestärkt sind und unsere Gummistiefel angezogen haben, geht es auch direkt los in den Dschungel. Begleitet werden wir von einem Pferd, das unsere Lasten trägt, einem 70-jährigen Einheimischen mit Spitznamen „Abelito“, der erschreckenderweise schneller zu Fuß ist als wir, und einem weiteren Einwohner Gen Gens. Nach einem ca. 3-stündigen Marsch durch das Dickicht des Dschungels, vorbei an Bananenbäumen, wild wachsenden Ananas, Gummibäumen und einigen Affen, kommen wir völlig erschöpft in Davids selbstgebautem Dschungelcamp an. Nachdem die Hängematten für die Nacht aufgehängt sind, wird auch sogleich das Abendessen zubereitet. Es gibt für jeden einen halben Fisch mit Gemüse gefüllt, den wir in ein Bananenblatt einhüllen und über dem offenen Feuer garen. Zu meiner Überraschung ist dieses Dschungelmahl ein äußerst köstliches. Todmüde geht es danach in die Hängematten, die doch bequemer sind, als gedacht.
Am nächsten Morgen geht es zurück ins Dorf. Auf dem Weg angeln wir kleine Fische aus einem Bach, schwingen uns an einer Liane über einen Fluss und bekommen Maden von Abelito angeboten, die wir jedoch dankend ablehnen. Die letzte Nacht, bevor es wieder zurück nach Iquitos geht, verbringen wir in Gen Gen.
Wir nehmen ein Boot zurück nach Yurimaguas. Die Fahrt soll drei Nächte und zwei Tage dauern und wieder schlafen wir in Hängematten. Tagsüber bräunen wir uns unter der tropischen Sonne und beobachten Flussdelfine, unter anderem ein paar rosafarbene. Nachts zeigt sich der Sternenhimmel in seiner ganzen Pracht.
Von Yurimaguas geht es sofort weiter mit dem Bus zurück nach Lima. Reisebusse sind in Peru das übliche Verkehrsmittel, welches auch die Einheimischen benutzen. Es gibt zahlreiche Angebote verschiedener Gesellschaften, die viele Orte des Landes anfahren. Ab und an sind die Strecken weniger angenehm, so wie unsere 32-stündige Fahrt von Lima nach Cusco durch die Anden. Reisetabletten gegen Übelkeit sind sehr zu empfehlen und für ein paar Soles in jeder Apotheke zu bekommen.
Endlich in Cusco angekommen und ein bisschen angestrengt von den 3416 Höhenmetern, begeben wir uns auf Entdeckungstour. Cusco ist die Hauptstadt des Inkareiches und ein Touristenzentrum. Das Wort Cusco (Qusqu) kommt aus dem Quechua und bedeutet „Nabel der Welt“. Von hier aus regierten die Inka-Herrscher über ihr Reich. Seit 1983 zählt die Stadt zum UNESCO-Welterbe. Hier oben in den Anden ist das Leben ruhig und die Menschen freundlich. Es gibt viele prächtige Bauten und Plätze zu besichtigen. Die meisten Peruaner arbeiten hier als Bauern und verkaufen ihre frische Ware auf den Märkten der Stadt. Da Peru eines der Ursprungsländer der Kartoffel ist, gibt es unzählige verschiedene Sorten. Viele davon können nur hier in den Anden angebaut werden, da sie aufgrund ihrer geologischen und klimatischen Ansprüche in anderen Weltgegenden nicht gedeihen. Außerdem gibt es Früchte, Käse, allerlei Nüsse und sogar kleine Schlangen in Gläsern sind zu kaufen. Viele Frauen und Kinder tragen die für die Andenregion typischen traditionellen Kleider. Nach unseren erholsamen Tagen in Cusco setzen wir unsere Reise fort.
Es ist bereits dunkel bei unserer Ankunft in Santa Maria. Unser Ziel ist Santa Teresa und seine heißen Quellen. Wir feilschen mit einem jungen Mann um den Preis für die 20-minütige Fahrt. Nachdem alles geklärt ist, steigen wir in sein Auto, an dem alles klappert, was klappern kann. Er biegt auf eine unbeleuchtete sandige Straße ein, die nicht planiert ist. Holter die Polter geht es in schnellem Tempo vorwärts. Anschnallgurte gibt es keine und der Fahrer trägt Flip Flops. Nach ca. fünf Minuten blicke ich links aus dem Wagen und sehe, dass wir direkt am unbefestigten Berghang entlangfahren, wo es hunderte Meter in die Tiefe geht. Erschrocken richte ich meinen Blick wieder nach vorn und behalte ihn dort, um nicht noch nervöser zu werden. Der Fahrer lenkt sein Auto über die Buckelpiste, als würde er für die nächste Qatar-Rallye trainieren. Als wir denken, dass es nicht mehr schlimmer werden kann, kommen wir plötzlich hinter einer Kurve zu einer „Brücke“. Diese „Brücke“ besteht aus zwei Holzbrettern, die über eine Schlucht führen. Der Fahrer muss diese genau treffen, damit wir nicht in die Tiefe stürzen, was zum Glück auch gelingt. Endlich am Ziel angekommen, habe ich das Gefühl, zwanzig Minuten die Luft angehalten zu haben und schicke das zweite Mal an diesem Tag Stoßgebete zum Himmel.
Santa Teresa ist ein kleines, verschlafenes Städtchen inmitten der Anden. Hier findet man die Baños Termales, die an einem Berg liegen, aus dem das heiße Wasser direkt in die aus Steinen geformten Wasserbecken fließt. Umgeben ist man von unberührter Natur und dem Rio Urubamba. Die heißen Quellen mögen das einzige Highlight dieses Ortes sein, dennoch hat sich die heikle Fahrt hierher auf jeden Fall gelohnt.
Am nächsten Tag geht es weiter mit dem Zug nach Aguas Calientes, dem Dorf am Fuße des Machu Picchu. Hier gibt es keine Autos und alles ist auf den Tourismus abgestimmt. Lange möchte man sich hier nicht aufhalten und alle haben sowieso das gleiche Ziel: Die Ruinen von Machu Picchu, der alten Inkastadt. Tickets für das UNESCO-Welterbe erwirbt man am besten vorher in der Touristeninformation sowie ein Busticket, sofern man nicht hinauf wandern möchte. Am nächsten Morgen stehen wir um 4.00Uhr auf, um den ersten Bus um 4.30Uhr hoch zu den Ruinen zu nehmen. Natürlich sind wir nicht die einzigen Touristen, die sich den Sonnenaufgang dort oben nicht entgehen lassen wollen. Oben angekommen bietet sich uns ein magischer Blick auf die noch verschlafen wirkende und vom Sonnenlicht noch nicht erreichte alte Stätte der Inka, von der man bis heute nicht weiß, wozu sie diente. Als erstes erklimmen wir ein Stück des Berges, um eine bessere Sicht zu haben, wenn die Sonne über die Bergkette kommt und die Ruinen in ihr Licht taucht. Die nächsten Stunden streifen wir durch die Ruinen und stellen uns vor, wie die Menschen hier früher gelebt haben. Den Abstieg bewältigen wir zu Fuß.
Unser nächstes Ziel ist die Stadt Puno am Titicacasee. Hier erfahren wir erneut die Gastfreundlichkeit der Peruaner. Spätabends kommen wir an und fragen in einem Hostel nach einem freien Zimmer. Doch wir haben Pech und alles ist belegt. Wir geben mit unseren großen Trekkingrucksäcken und erschöpften Gesichtern wohl so ein trauriges Bild ab, dass der Besitzer des Hostels uns kurzer Hand mitnimmt zu seiner Schwester, ins Haus nebenan. In dem Mehrfamilienhaus steht ein Zimmer leer in dem man uns einlädt zu übernachten. Dankbar nehmen wir die Einladung an und fallen erschöpft in die Betten. Sogar eine weitere Nacht lässt man uns hier verbringen.
Erholt machen wir uns am nächsten Morgen auf, um die Islas de los Uros, die schwimmenden Inseln des Titicacasees zu besuchen. Der See liegt auf einer Höhe von 3812 Metern und ist das höchstgelegene kommerziell schiffbare Gewässer der Erde. Die Grenze zwischen Bolivien und Peru verläuft inmitten des Sees. Die Islas Flotantes bestehen aus kreuzweise aufgebrachten Lagen von Totora-Schilf, welches die Bewohner der Inseln immer wieder aus etlichen Kilometern Entfernung heranholen müssen. Das Schilf wird in regelmäßigen Abständen neu aufgelegt, damit die Inseln nicht im See versinken. Auch die Hütten und Boote bestehen aus Schilf. Als ein paar Wellen kommen bemerken wir, wie sich die Inseln unter uns ein wenig bewegen. Eine Bewohnerin gibt uns weitere Informationen über das Leben auf einer solchen Insel. Zum Abschluss unseres Ausfluges machen wir eine Fahrt auf einem der Schilfboote, welches die Einheimischen „Mercedes“ nennen. Wir werden zu einer anderen Insel gefahren, auf der sich eine Bar befindet. Hier werden die im Titicacasee gezüchteten Forellen frisch zubereitet.
Nun geht es wieder ins Landesinnere, nach Arequipa, auch „die weiße Stadt“ genannt. Dieser Name kommt nicht von den unzähligen Gebäuden aus Sillar-Gestein vulkanischen Ursprungs, sondern bezieht sich auf die helle Hautfarbe der hier einst lebenden Spanier, die es den Einheimischen verboten, in der Innenstadt zu leben. Wieder auf angenehmen 2335 Höhenmetern angekommen, haben wir endlich einmal richtiges Sommerwetter. Arequipa zählt seit dem Jahr 2000 zum UNESCO-Weltkulturerbe und bietet grüne Parks, einen riesigen Plaza de Armas und viele schöne alte Gebäude wie die Kathedrale und die Iglesia de la Compañía. Kein Wunder, dass sich der Name dieser schönen Stadt vom Quechua Wort „are quepay“ (zu deutsch: „Bleiben Sie!“) ableitet. Besonders sehenswert ist das Kloster Santa Catalina, welches fast eine eigene Stadt in der Stadt bildet. Gegründet wurde es 1579 für Nonnen verschiedenster Abstammung. Schwester Ana, eine Nonne des Klosters, die 1686 starb, wurde sogar von Papst Johannes Paul selig gesprochen und seither existiert ein regelrechter Pilgerkult um ihre Person.
Ein beliebtes Ausflugsziel ist der nahegelegene Colca Cañon, der als zweit tiefster Canyon der Welt gilt. Hier bieten sich einem atemberaubende Landschaften und an einem Ort der Schlucht kann man den Andenkondor gleiten sehen. Mit einer bis zu 3 Meter weiten Flügelspanne und einem Gewicht von bis zu 15 Kilogramm gehört er zu den größten Greifvögeln.
Weiter an der Pazifikküste entlang erreicht man den Ort Paracas, wo einen weite Wüstenlandschaften und die Islas Ballestas erwarten. Hier kann man unzählige Vögel, unter anderem den peruanischen Pelikan, Seelöwen und Pinguine in ihrem natürlichen Lebensraum beobachten. Auch der guano, der Kot der Vögel, wird hier abgetragen und als Dünger in die ganze Welt exportiert. Mit etwas Glück trifft man bei der Überfahrt auf Delfine. Ein ebenfalls abenteuerliches Erlebnis ist eine Tour durch die Wüste, wobei man in hohem Tempo mit einem Sandbuggy die Hügel hoch und runter fährt. Außerdem konnten wir uns im Sandboarding ausprobieren.
Nachdem wir nun fünf Wochen lang durch dieses Land gereist sind, sind wir begeistert von seiner Vielfalt der Natur und Kultur und können mit Sicherheit sagen, dass Peru definitiv mehr als Machu Picchu ist. Auch die Peruaner werden uns mit ihrer gastfreundlichen und stets hilfsbereiten Art in guter Erinnerung bleiben. Ratsam ist es, zumindest ein bisschen Spanisch zu sprechen, um beispielsweise zu verhandeln und Auskünfte zu bekommen. Peru hat für Touristen vieles zu bieten. Informieren sie sich vor Ihrer Reise über die dortigen Gegebenheiten aber lassen sie sich nicht durch Kriminalitätsstatistiken oder ähnliches davon abhalten, dieses spannende Land auf eigene Faust zu bereisen. Wer sich nicht offensichtlich touristisch verhält, teuren Schmuck trägt oder unvorsichtig ist, ist auch in Peru nicht gefährdeter als in einer europäischen Großstadt.
Also auf nach Peru!