ein spannender Spaziergang über den Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin – Mitte – ein Reisebericht
Mitten im Herzen von Berlin, in der Chausseenstr.126, liegt ziemlich versteckt der Dorotheenstädtische Friedhof, wo viele Prominente aus mehr als zwei Jahrhunderten beerdigt sind.
Bei herrlicher Herbstsonne bin ich dort auf Entdeckungsreise gegangen und wurde reich belohnt:
Bekannte Persönlichkeiten aus der Politik liegen dort friedlich nebeneinander
(z.B. Johannes Rau, Bärbel Boley etc.),
Theatermacher (Heiner Müller),
Schriftsteller (Brecht, Zweig, Seghers etc.)
Philosophen (Fichte, Hegel etc.),
Schauspieler, Architekten (Schinkel) etc.
repräsentieren dort auf engstem Raum eine spannende deutsche Kultur- und Geistesgeschichte.
Aber auch das Großkapital aus der Gründerzeit ist mit teilweise prachtvollen Grabmälern vertreten, ebenso große Berliner Unternehmer wie z.B.
Borsig
In Sichtweite daneben findet sich das bescheidene Grab des linken Systemkritikers der 68 ger Bewegung
Herbert Marcuse
und daneben von
Fritz Teufel
dem Politclown der 68 ger. Bei Marcuse steht „weitermachen“ auf dem Grabstein, bei Teufel könnte „aufhören“ stehen, sein ungepflegtes Grab mit einem Kieselstein, auf dem ein kleines Foto und kaum leserlich sein Name steht, stimmt traurig – es war am Ende sehr einsam um ihn!
Der Spaziergang über den Friedhof ist eine Zeitreise durch mindestens zwei Jahrhunderte deutscher Politik und Geschichte. Viele bekannte Namen wecken Erinnerungen – sie haben unser eigenes Leben begleitet und beeinflusst, uns bereichert, beschämt, erfreut, geärgert…
Da es sich hier aber um keinen reinen Prominentenfriedhof handelt, muss man die bekannten Namen oft mühsam zwischen vielen Gräbern „normaler Sterblicher“ suchen – was aber auch eindringlich zeigt, dass der Tod keine Ausnahme macht und letztlich auch alles verzeiht. Wenn man sich etwas Zeit nimmt, bleibt es nicht aus, dass man ins Grübeln und Philosophieren kommt und bewusst oder unbewusst eine kurze Auszeit von der Hektik der Großstadt nimmt.
Am Eingang zum Friedhof steht das ehemalige Wohnhaus von Brecht und Weigel, sie hatten es am Ende nicht weit! Gegenüber war die Borsigzentrale, also vis a vis zum Klassenfeind. Der Friedhof lag ja im Ostteil der Stadt, dass dort jetzt auch
Bärbel Boley
beerdigt ist, die maßgeblich zum Wendeprotest beigetragen hat, wird ihr sicher gefallen.
Der Friedhof wird von der Chausseestr. aus leicht übersehen, da ein anderer kleiner (französischer) Friedhof vorgelagert ist. Am Eingang zum Dorotheenstädtischen Friedhof finden sich mehrere Lagepläne der „prominenten“ Gräber. Da ich diese Pläne erst beim Verlassen des Friedhofs entdeckte, merkte ich erst jetzt, wen ich alles nicht gefunden oder übersehen habe – ein Grund, bald wiederzukommen und die persönlichen nostalgischen Erinnerungen fortzusetzen.
Klaus Weidner, Oktober 2011
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